Liebe Freunde und Verwandte,
nach einer langen und ereignisreichen VfZ beginnt wieder eine noch ereignisreichere Studienzeit, zumindest sollte sie das gestern, aber ich bleibe lieber chronologisch.
Nach Beginn der Ferien folgte bald die erste Prüfung - Astronomie. Die gestaltete sich recht heiter - auch wenn sie etwas besser hätte laufen können. Die Reise begann im Sonnensystem, das ich von innen nach außen beschreiben durfte. Es folgten ein paar Fragen zum Aufbau, dem Lebenslauf, der Beobachtung und Charakterisierung von Sternen. Unter anderem kam ich nicht um das Zeichnen eines Hertzsprung-Russel-Diagramms, das die Sterne nach Temperatur und Leuchtkraft ordnet und einige markante Sterngruppen darstellt. Schließlich ging es noch um die differentielle Rotation von Galaxien (also die Geschwindigkeitsverteilung der Sterne als Funktion ihres Abstands zum galaktischen Zentrum), die etwas über die Massenverteilung aussagt und auf ein massives Objekt (ein schwarzes Loch?) im Zentrum der Michstraße hindeutet. Letztendlich habe ich dieses Nebenfach damit abgeschlossen.
Wenig später folgte - nein, nicht die zweite Prüfung, sondern meine Einstellung als wissenschaftliche Hilfskraft in der Hörsaalvorbereitung. Also bin ich zum Institut für Experimentalphysik nach Bahrenfeld (auf dem DESY-Gelände gefahren), um den Vertrag abzuschließen. Eigentlich hatte ich ohnehin vor an dem Tag dorthin zu fahren - dort fand nämlich eine Stunde später meine zweite Prüfung statt. Physik A gestaltete sich noch unterhaltsamer als Astronomie. Themen waren überwiegend Felder, speziell aber die Cavendish-Waage zur Messung der Gravitationskonstanten und die Lorentzkraft sowie der Hall-Effekt. Nur das doch recht hohe Niveau der Fragen hat mich etwas überrascht. Als ich nach der Besprechung der Endnote wieder in das Zimmer kam, verkündete mir mein Prüfer: "Bei Ihnen habe ich nichts anderes erwartet. Deshalb habe ich von Anfang an etwas anspruchsvollere Fragen gestellt." Cest la vie... (Für Lateiner: Ita est vita...)
Nach ein paar Wochen Ferien (genauer gesagt: Computerbasteleien im heimischen Keller mit alten Rechnern, die in der Physik entsorgt werden sollten) ging es dann an die Arbeit. Meine Hauptaufgabe war die Entwicklung einer Schaltung, mit der sich der Beamer im Hörsaal 2 ohne Benutzung der originalen, sehr fummeligen Fernbedienung steuern lässt. Das war deshalb möglich, weil der Beamer eine serielle Schnittstelle hat und so z.B. an einen Computer angeschlossen werden kann. Aber auch ein Mikrocontroller mit ein paar Tasten kann das - und nebenbei ein paar Anzeigeleuchten steuern. Hier war also jemand gefragt, der schon mal mit einem Mikrocontroller eines geeigneten Typs gearbeitet hat (z.B. weil er am Bau eines Roboters in der Schule mitgewirkt hat). Folglich hat eine neu eingestellte Hilfskraft in der Hörsaalvorbereitung sich der Sache angenommen und ein wenig gebastelt und programmiert. Aber ich habe dort auch viel mit Computern gearbeitet, um diese in Gang zu setzen, mit dem Netzwerk zu verbinden oder zu reparieren. Das verrückteste war aber eine Druckerinstallation. Ein HP Laserjet 4 sollte über das Netzwerk betrieben werden - mit einer eigenen Netzwerkkarte und IP-Adresse, um nicht einen Rechner laufen zu lassen, der zwischen Drucker und Netzwerk sitzt. Also wurde der Drucker ans Netzwerk gestöpselt und ein kleines Setup-Programm gestartet, das den Drucker innerhalb von 10 Minuten vollständig konfiguriert hat. Am nächsten Tag versuchte ich auf mein Netzwerklaufwerk zuzugreifen. (Jeder Student/Mitarbeiter kann etwas Speicherplatz auf dem FileServer beantragen und via Internet oder Intranet darauf zugreifen.) Leider wurde der FileServer nicht gefunden. Mögliche Ursache: Keine Netzwerkverbindung. Also versuchte ich auf das Internet zuzugreifen - einwandfrei. Netzwerkverbindung läuft. Ist der FileServer abgestürzt? Nächster Test: Zugriff auf den FileServer von einem anderen Rechner aus - einwandfrei. Anderer Versuch: Hat das Druckerinstallationsprogramm die Einstellungen geändert? Bei dem Vergleich beider Rechner zeigte sich, dass alles identisch war (bis auf die IP-Adressen, die für jeden Rechner eindeutig sein müssen). Letzter Test: Tausch der IP- Adressen - und es funktioniert! Warum funktioniert die alte Adresse nicht mehr? Das kann nur der Netzwerkadministrator wissen. Ein Angriff offenbarte folgendes: "Von dieser IP-Adresse wurde am Mittwoch um 15:00 Uhr ein Angriff auf den Server verübt. Jemand hat über UDP-Port 161 (Protokoll SNMP) angeklopft. Deshalb wurde der Rechner ausgesperrt." Nach einer weiteren Internet-Recherche stellte sich heraus, dass das Druckerinstallationsprogramm über SNMP nach dem Drucker sucht - im ganzen Netzwerk. Mit dieser Erkenntnis wurde unser Rechner wieder von der "Schwarzen Liste" gestrichen.
Ebenfalls interessant waren die "außerdienstlichen" Aktivitäten. Ein Tag war für eine Boßel-Tour reserviert. Dabei rollen zwei Mannschaften Kugeln über Feldwege und konsumieren größere Mengen des obligatorischen Entkrampfungsfeuerwassers. Es handelt sich dabei um eine Gummikugel und eine Pockholzkugel, die in möglichst wenig Würfen zum Wendpunkt befördert werden sollte. Das werden die Kugeln getauscht und (nach einer Stärkung) der Rückweg angetreten. Der Sieger ist die Mannschaft mit den wenigsten Würfen. Den Abschluss bildet ein reichhaltigen Buffet.
Schließlich komme ich zu dem Punkt, den ich bereits am Anfang erwähnt habe. Bevor jetzt jeder zurückscrollt, erwähne ich es noch einmal: Gestern sollte ich wieder als "aktiver Student" tätig werden. So fuhr ich frohen Mutes nach Hamburg und begab mich zum Praktikum 2. Zu meinem Versuch ging es durch zwei Räume - und eine Treppe. Diese verhinderte jedoch eine Begegnung zwischen dem Berg und dem Propheten in der Art, dass weder der eine noch der andere zu seinem Gegenüber kommen konnte. Ich war oben und der Versuch unten - ohne Aussicht auf Änderung. Da aber die Laserphysik, die auch das Praktikum veranstaltet, demnächst nach Bahrenfeld in einen rollstuhlgerechten Neubau zieht, wurde die Übereinkunft getroffen, dass ich nur die Hälfte des Praktikums absolviere (in den zugänglichen Bereichen), dafür den wichtigen Schein erhalte (für die nächste Prüfung) und den Rest in Bahrenfeld nachhole. So habe ich gestern nicht wie geplant im Praktikum an einem Netzgleichrichter gelötet (das wäre Versuch E13 gewesen), sondern in der Elektronik-Werkstatt an meiner Beamer-Schaltung.