Eisige Kälte

Langsam näherte sich das kleine Raumschiff des Expeditionsteams dem Planeten. Es war schon etwas in die Jahre gekommen, aber es leistete noch immer gute Dienste. Professor Collin und seine Studenten hatten sich schon seit Monaten auf diese Expedition vorbereitet. Kein anderes Team von Exo-Archäologen war so gut ausgerüstet, um Spuren untergegangener Kulturen auf vereisten Planeten aufzuspüren. Auf dem Bildschirm sahen sie schon lange ein Bild des wolkenverhüllten Planeten, aber als sie sich seiner Atmosphäre näherten, war der Anblick überwältigend. Dichte, weiße Wolken hüllten den größten Teil des Planeten ein und reflektierten das meiste Sonnenlicht. Die spärlichen Reste, die doch hindurchkamen, wurden von einem dicken Eispanzer in den Weltraum zurückgeworfen. Als sie durch die Wolken tauchten und die Scheinwerfer einschalteten, blickten sie auf eine lebensfeindliche Eiswüste mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt.

"Wir überfliegen jetzt das Suchgebiet", meldete Peter Carson, der älteste der drei Studenten, der das Raumschiff steuerte. "Ausgezeichnet!", freute sich Professor Collin. "David, sehen Sie etwas auf den Magnetfeldsensoren?" David Logan war der Physik-Experte und noch nicht lange im Team. "Noch nichts, Professor. Aber das Magnetfeld des Planeten ist noch immer instabil, wir sollten etwas tiefer gehen." Peter reduzierte die Flughöhe und sie überflogen das Gebiet erneut. "Was ist mit der Topologie?", fragte Professor Collin. Das Stereoradar wurde von Denise Browning bedient, dem jüngsten Mitglied des Teams. Sie hatte in Rekordzeit graduiert und konnte durch bloßes Hinsehen Spuren von Zivilisation erkennen. "Da ist gar nichts. Hier hat er vor kurzem einen heftigen Schneesturm gegeben, die Oberfläche ist absolut glatt."

Professor Collin wurde allmählich unruhig. Er hatte das Suchgebiet sehr sorgsam ausgewählt, genau an dieser Stelle hätte sie sein müssen, die versunkene Stadt. "Peter, bringen Sie uns weiter nach Osten. Vielleicht hat die Dynamik des Eispanzers die Ruinen zum Meer verschoben." Immer weiter flogen Sie nach Osten. "Da sind Strukturen!", rief Denise in heller Aufregung. "Rechteckige Strukturen, wie mit dem Lineal gezogen. Der Größe nach könnten es Gebäude oder ganze Straßenzüge sein." Unter dem Schnee zeichneten sich die Umrisse einer Stadt ab. Professor Collin blickte voll Spannung auf den Bildschirm, der dir rechteckigen Erhebungen zeigte. "Dann existiert sie also wirklich. Wie hoch mögen diese Gebäude sein? 200m? Oder mehr? Diese Stadt sieht aus, als wäre sie auf dem Reißbrett entworfen worden, perfekt und geometrisch. Jetzt müssen wir nur noch ihr Wahrzeichen finden!"

Viele Sagen rankten sich um die Stadt im Eis. Es soll eine große Handelsmetropole gewesen sein, mit einem großen Hafen. Die meisten Sagen erwähnten ihr Wahrzeichen, dass von weitem einlaufende Schiffe begrüßte. Das galt es nun zu finden. "Ich habe hier etwas auf den Sensoren", verkündete David freudestrahlend. "Eine riesige Metallkonstruktion, im Umkreis von 500m. Genauer kann ich sie nicht lokalisieren, dafür ist sie zu groß und ihr Signal überschreitet die Anzeigegrenzen." Professor Collin blickte auf den Schirm. "Ja, das muss sie sein. Peter, suchen Sie einen Platz zum Landen." Nach kurzem Flug fand Peter eine geeignete Stelle und das kleine Schiff setzte seine Kufen auf das Eis.

Die vier Wissenschaftler zogen ihre Thermo-Anzüge an und verließen das Schiff, hinaus in die eisige Kälte. Sie waren etwas außerhalb gelandet und ließen sich von ihren tragbaren Scannern an die Stelle führen, an dem sie die Metallkonstruktion vermuteten. Obwohl es Mittag war, war es stockdunkel unter der Wolkendecke und sie mussten sich auf den Schein ihren Lampen verlassen. Ein eisiger Wind und leichter Schneefall ließen keinen Zeifel daran, dass sie auf einem wahren Eisplaneten gelandet waren. Das Gehen war schwer in den dicken Anzügen und sie kamen nur langsam voran. Nach einer Viertelstunde hatten sie ihr Ziel erreicht. Die Scanner zeigten eine große Metallansammlung unter ihnen an - aber es war nichts zu sehen.

"Jetzt müssen wir wohl graben", sagte Peter und nahm seinen Thermo-Spaten aus dem Rucksack, seine eigene Erfindung, die er aus einem alten Plasmagewehr gebastelt hatte. "Nur wo sollen wir anfangen?", fragte Denise, die mit der Kälte am schlechtesten zurechtkam. "Das Gebiet ist riesig, wir können nicht alles Eis schmelzen." - "Das ist wie mit der Nadel im Heuhaufen, Denny." David nahm ebenfalls seinen Thermo-Spaten heraus. An dieser Stelle war die Landschaft etwas uneben. "Ich schaue mal, ob ich von diesem Hügel etwas sehen kann", schlug Denise vor. Sie kletterte auf den Hügel, der auf der anderen Seite steil abfiel. "Das müsst ihr euch ansehen!", rief sie und kletterte wieder herab. Die anderen kamen hinzu und betrachteten die steile Flanke des Hügels. Unter dem Eis schimmerten wage Konturen hervor.

Peter und David richteten ihre Thermo-Spaten auf den Hügel. Allmählich schmolz das Eis und gab den Blick frei auf die Spitze eines gigantischen Bauwerks. Sie hatte die Form einer lodernden Flamme. Nach und nach konnten sie erkennen, dass es sich um eine riesige Fackel handelte. "Genau wie in der Legende!", freute sich Professor Collin. "Wie schade, dass wir nicht die ganze Statue aus dem Eis befreien können. Ich würde zu gerne den Sternenkranz auf ihrem Kopf sehen." - "Stellen Sie sich doch einmal davor", sagte Denise, die die Ausgrabung filmte. "Ich fürchte, wir können nur symbolisch anstoßen." David hatte ein paar Sektgläser mitgenommen, aber der Sekt wäre längst gefroren. Deshalb füllten sie etwas Schnee hinein und schmolzen ihn mit den Thermo-Spaten. "Auf die Freiheitsstatue!", rief Professor Collin, "Auf New York!"