Es war noch früh am Morgen, als Liza und ich gemeinsam frühstückten. Wir hatten nur wenig geschlafen, doch wir waren so voller Tatendrang, dass wir den Beginn des Tages gar nicht abwarten konnten. Wir diskutierten darüber, wen wir wohl auf unsere Reise mitnehmen würden. Die Brücke hatte 7 Plätze, uns fehlten also noch 5 Crewmitglieder. Schnell waren wir uns darüber einig, dass ich das Schiff kommandieren und Liza meine rechte Hand sein würde. Dann machten wir uns Gedanken über die anderen Positionen. "Wir brauchen einen Chefingeneur." warf ich ein und schlug auch gleich meinen Schulfreund Matthias vor, der es inzwischen zum Diplomingenieur geschafft hatte. Liza stimmte zu und machte mich sogleich darauf aufmerksam, dass wir einen Wissenschaftsoffizier brauchen würden. Daran hatte ich bereits gedacht und meinen Studienfreund Martin auf die Liste gesetzt. Da das Schiff auch über eine manuelle Steuerung zu verfügen schien, fehlte uns noch ein Pilot. Liza schlug ihren Schulfreund Luke vor und ich setzte ihn mit auf die Liste. "Und was machen wir, wenn wir krank werden...?" winkte Liza mit dem Zaunpfahl. "Ich kenne eine gute Ärztin, die uns sicher begleiten würde." antwortete ich und setzte Sandra auf meine Liste, die ich ebenfalls in der Schule kennengelernt hatte. Zum Schluß brauchten wir noch einen taktischen Offizier und nahmen unseren gemeinsamen Chatfreund Andre in unsere Wunschcrew auf. Dann schnappte sich jeder von uns sein Telefon und wir gingen die Liste durch. Niemand glaubte uns so recht, was in der vergangenen Nacht passiert war. Aber anscheinend war die Neugier doch größer und alle waren bereit, am Nachmittag zu uns zu kommen. Als Treffpunkt hatten wir die Weide vereinbart. Liza und ich beschlossen, uns das Raumschiff vorab noch näher anzusehen und dann dort auf die anderen zu warten.
Es war nicht sehr weit von unserem Haus bis zur Weide, auf der wir das Schiff geparkt hatten. Auch im hellen Tageslicht war nichts davon zu sehen - fast nichts. Im weichen Boden waren einige Abdrücke zu sehen, die scheinbar von den Landestützen stammten. Erst jetzt wurden uns die Abmessungen des Schiffes wirklich bewusst. Die hinteren beiden Landestützen waren knapp 40 Meter voneinander entfernt. Vorne gab es nur eine Landestütze, die etwa 60 Meter vom Mittelpunkt zwischen den beiden Achternstützen entfernt einen Abdruck hinterließ. Allerdings ragte der Bug des Schiffes noch über diese Stütze hinaus, denn er drückte den Stacheldrahtzaun etwas herunter, der die Grenze zum Nachbargrundstück bildete. Nun erkannten wir auch, dass sich die Eingangsluke an der Seite des Schiffes befand. Vorsichtig tastend gingen wir darauf zu. Es dauerte nicht lange, bis wir sie gefunden hatten. Wir vergewisserten uns noch kurz, dass gerade niemand vorbeifuhr und gingen dann hinein.
"Was meinst du, was hinter diesen Türen ist?" fragte Liza, als wir an der Kreuzung vorbei auf dem Weg zur Brücke waren. "Ich weiß nicht - lass uns mal nachsehen." Wir legten unsere Hände auf den Türöffner und die Schiebetür glitt fast lautlos zur Seite. Vor uns öffnete sich ein knapp 10 Quadratmeter großer Raum, dessen Wände glatt und hellgrau waren und von dessen Decke ein gleichmäßiges, weißes Licht ausging. Die einzigen Gegenstände darin waren ein schlichtes Bett und ein Tisch. In die Wand war ein großer Schrank mit mehreren Fächern eingelassen. "Das muss eines der Quartiere sein." stellte ich trocken fest. Liza nickte zustimmend. Wir gingen wieder hinaus und öffneten die gegenüberliegende Tür. Diesmal handelte es sich scheinbar um ein Bad, das über eine relativ kleine Duschkabine verfügte. Wir sahen uns kurz um und kümmerten uns dann um die übrigen Räume auf diesem Gang. Bei denen handelte es sich ebenfalls um Quartiere, die genau so spartanisch eingerichtet waren wie das erste. "Diese Außerirdischen haben einen grauenvollen Geschmack - hier muss Farbe rein." kommentierte Liza. "Mir gefällt es..." entgegnete ich. Liza schlug mit der Hand auf die Stirn. "Du bist ja auch nicht von dieser Welt..." sagte sie spöttisch. "Hoffentlich sind die anderen Räume farbiger."
Neugierig geworden machten wir uns auf den Weg zum Heck des Schiffes. Auch von diesem Gang zweigten einige Türen ab. Die erste Tür führte in einen großen Raum mit einer Liege in der Mitte sowie zahlreichen Schränken und Monitoren an den Wänden. Auf mehreren Tischen lagen seltsame Geräte herum, deren Funktion alles andere als offensichtlich war. Über der Liege befand sich eine Art Kuppel unter der Decke, in der diverse Leuchten aufblinkten. "Wo sind wir denn hier gelandet?" fragte Liza. Ich betrachtete die Kuppel aus der Perspektive eines auf der Liege liegenden. "Mich erinnert das an eine Arztpraxis - vermutlich die Krankenstation." Liza sah sich die Instrumente etwas näher an und nahm eines hoch, das grob einem Dosenöffner ähnelte. "Bist du sicher? Mit sowas will ich aber nicht behandelt werden." Ich warf einen Blick darauf. "Das sollte sich unsere Bordärztin mal ansehen... Immerhin benutzen sie normale Stifte." Auf einem Tisch lag eine Art Kugelschreiber, den ich mir sogleich schnappte, um ihn auf seine Funktion hin zu prüfen. Doch statt einer Mine kam aus seiner Spitze ein heller Strahl, der einen dunklen Fleck in den Fußboden brannte. "Ups..." Liza sah mich mit bösem Blick an. Schnell legte ich das Objekt zurück. "Komm, lass uns weitergehen." Liza seufzte und folgte mir.
Auch der nächste Raum war mit Schränken und seltsamen Geräten gefüllt, die wir beide jedoch nicht anrührten. Statt einer Liege befand sich in der Mitte ein runder Tisch mit 7 Stühlen darum. "Schau an, die Küche!" rief Liza begeistert. Ich warf ihr einen skeptischen Blick zu. "Wie kommst du denn darauf?" - "Ich bin eine Frau, ich sehe das. Da ist die Essecke, das ist der Herd, da drüben gibt es sowas wie einen Backofen, in den Schränken ist sicher Geschirr..." Ich unterbrach sie und deutete auf ein Objekt auf einem der Tische. "Und das ist wohl wieder ein Kugelschreiber?" Liza schwieg kurz und sah es sich an. "Nein, das ist ein Küchenmesser - aber mit Laserklinge." Ich warf einen Blick in die Schränke, die tatsächlich Kochutensilien beherbergten. Derweil tüftelte Liza an dem Bereich herum, den sie so schnell als Herd erkannt hatte. "Komisch, der wird gar nicht warm." Ich beugte mich hinüber, um ihn mir genauer anzusehen, als ich plötzlich etwas warmes in meiner Hosentasche. Als ich hineingriff, verbrannte ich mir fast die Finger an meinem Schlüsselbund. "Aua! Kein Wunder, dass der nicht warm wird - das ist ein Induktionsherd!" In Lizas Augen sah ich tausend Fragezeichen aufleuchten. Ich erklärte ihr, dass ein solcher Herd nicht selbst warm wird, sondern durch ein Magnetfeld in Metallgegenständen einen Strom auslöst, der sie dann erwärmt. Wir sahen uns noch eine Weile um und fanden allerlei Gegenstände, nur nichts zu essen. "Vielleicht gibt es hier auch eine Speisekammer." sagte Liza und wir machten uns sogleich auf die Suche danach.
Tatsächlich führte die nächste Tür in eine Art Lagerraum, der teilweise an ein Gewächshaus erinnerte. Es gab zahlreiche Pflanzen, an denen reichlich merkwürdig aussehende Früchte hingen. Ein intensiver, aromatischer Geruch füllte den ganzen Raum. In einigen großen Kisten, die aus einem Kunststoff bestanden, waren noch andere Lebensmittel, die eher an Fertiggerichte erinnerten. Wieder andere enthielten Flaschen oder Kanister, die scheinbar mit Getränken gefüllt waren. Alles zusammen war vermutlich ausreichend, um eine Crew von 7 Menschen über mehrere Wochen hinweg zu ernähren. Staunend sahen wir uns um. "Meinst du, im Raum gegenüber gibt es noch mehr?" fragte Liza. "Bestimmt, lass uns mal nachsehen." Wieder fanden wir einen Lagerraum, der jedoch mit ganz anderen Dingen gefüllt war. In Stapeln von Kisten lagerten technische Bauteile oder zumindest Dinge, die danach aussahen. "Das muss das Ersatzteillager sein." stellte ich fest, während ich eine weitere Kiste öffnete. Sie war mit einer Art Schaumstoff ausgekleidet, in den mehrere Objekte eingebettet waren, die wie Gewehre aussahen. Ich nahm eines hoch und fand eine Zielvorrichtung sowie einen Abzug. "Ob es das ist, wonach es aussieht..." murmelte ich vor mich hin und sah durch die Zielvorrichtung. "Leg das weg!" rief Liza, "Das ist KEIN Kugelschreiber!" Ich packte es wieder in die Kiste. "Keine Sorge, du kennst mich doch." erwiderte ich mit einem Lächeln. "Eben!" sagte Liza und grinste. Dann gingen wir zur Tür am Ende des Ganges.
Die letzte Tür lag der Brücke genau gegenüber und führte in einen großen Raum, der von einem leisen Summen erfüllt war. In der Mitte des Raumes befand sich ein großes, kugelförmiges Gebilde, das von einem Geländer umgeben war. Oben und unten führten rechteckige Kanäle in das Gebilde hinein, in denen grünliche Wellen pulsierten. In der Mitte der Kugel befand sich ein Sichtfenster, aus dem ein rotes, flackerndes Leuchten kam. Links und rechts befanden sich ebenfalls rechteckige Kanäle, entlang derer ein blaues Leuchten aus dem Gebilde herauspulsierte und in den Wänden verschwand. Staunend betrachtete ich das Objekt und die Kontrolltafeln am Geländer. "Schön, der Maschinenraum..." sagte Liza, doch ich war so in Gedanken versunken, dass ich sie gar nicht hörte. "Ich frage mich, wie der funktioniert..." murmelte ich vor mich hin. "Kernfusion? Antimaterie? Oder was ganz anderes? Und welche Leistung er wohl hat? Einige Megawatt?" Langsam ging ich um das Geländer herum. "Ich geh schon mal auf die Brücke." sagte Liza und machte sich auf den Weg. "Mh..." entgegnete ich geistesabwesend. "Das muss irgendein Plasma sein... Dann sind das bestimmt magnetische Leitungen... Liza, schau dir das mal an! Liza?" Ich sah mich um und fand mich in dem leeren Raum wieder. "Frauen..." sagte ich vor mich hin und ging dann zur Brücke.
Als ich die Brücke betrat, stand Liza schweigend neben der Tür und deutete auf die Stühle. Von der ursprünglichen Crew war nichts mehr zu sehen - bis auf einige graue, pulverige Haufen. Ich sah mir einen von ihnen etwas genauer an. "Sieht so aus, als hätten sich ihre Körper irgendwie zersetzt... Am besten, wir räumen die Reste weg und heben sie auf." Liza war entsetzt. "Du willst WAS? Sie einfach so wegräumen? Das waren Menschen!" - "Außerirdische." korrigierte ich sie. Liza war empört. "Trotzdem, du kannst sie doch nicht einfach so wegräumen! Sie müssen bestattet werden, am besten in einer Seebestattung." Ich seufzte. "Aber wir kennen doch ihre Bestattungsriten gar nicht - vielleicht wollen die Angehörigen ihre sterblichen Überreste haben und gemäß ihren Bräuchen bestatten." - "Und wie sollen wir die finden?" fragte Liza und verschränkte die Arme. Ich deutete auf den Holotisch. "Das Schiff hat ein Navigationssystem, also ist sicher auch die Heimatwelt dieser Leute eingespeichert. Wir fliegen los und suchen sie. Aber vorher muss ich diese Asche wegtun..." Liza war zwar nicht davon überzeugt, aber sie gab schließlich nach. In einem Lagerraum fand ich ein paar leere Gefäße und brachte sie auf die Brücke. Dann füllte ich die sterblichen Überreste der Crew hinein und verstaute sie in einer Kiste im Lagerraum.
Als ich zurückkam, war Liza schon mit etwas ganz anderem beschäftigt. "Sag mal, war nicht an einer Konsole etwas kaputt?" fragte sie mich. Ich sah mich um, konnte aber keine Schäden finden. "Dachte ich auch, aber ich seh nichts. Ich glaube, da vorne war es." Unterhalb der Konsole befand sich eine Abdeckung. Ich kniete mich hin und öffnete sie. Dahinter verliefen zahlreiche Leitungen, die allerdings völlig intakt waren, bis auf eine. "Hast du hier was gemacht?" fragte ich Liza und drehte mich zu ihr um. Mit großen Augen sah sie mich an. "Es lebt!" Ich verstand nur Bahnhof. "Liza, ist alles in Ordnung?" Sie deutete auf die geöffnete Luke. "Da! Es lebt!" Ich sah hinein und beobachtete, wie eine Leitung von oben nach unten wuchs und ihr eine zweite Leitung entgegenkam. In der Mitte trafen sie sich und verwuchsen miteinander. "Das Raumschiff repariert sich selbst!" rief ich begeistert. "Es ist organisch!" Ich schloß die Abdeckung wieder und sah mir zusammen mit Liza die einzelnen Konsolen an. "Ich frage mich, was da drauf steht..." sagte sie. Die Bedienelemente waren mit farbigen Zeichen versehen, die aussahen wie eine Kreuzung aus Buchstaben, Hieroglyphen und Keilschrift. "Stimmt, es fehlt eine Bedienungsanleitung." stellte ich fest. Liza lachte. "Die könntest du doch eh nicht lesen, oder kannst du außerirdisch?" - "Wenn eine klingonische Übersetzung dabei ist, kann ich sie lesen." Auf einer der Konsolen blinkte eine rote Leuchte auf. Liza und ich gingen hin. Daneben erschien ein Text auf einem Monitor, den wir natürlich auch nicht lesen konnten. "Das sieht aus wie Sensoranzeigen..." sagte ich, "Vermutlich die wissenschaftliche Station." Ich berührte das blinkende Licht und sofort erschien ein Bild auf dem Monitor. Es zeigte die Landstraße, auf der sich ein Fußgänger näherte - Martin. Ich hatte eine Idee. "Warte mal hier, ich werde ihn begrüßen." Liza stimmte zu und ich ging aus dem Raumschiff und schloß die Luke.
Martin war bereits an der Weide vorbeigegangen und hatte nicht gesehen, wie ich das Schiff velassen hatte. "Moin Martin!" rief ich ihm hinterher. Er drehte sich um. "Hallo Manuel, wie geht's?" - "Gut und dir?" - "Auch gut! Wo ist denn dein Raumschiff?" Ich musste grinsen und deutete auf die Weide. "Genau da steht es doch." Martin sah mich skeptisch an. "Aha... Ich sehe keins." - "Kein Wunder", sagte ich, "Es ist ja auch unsichtbar. Aber da sind die Abdrücke von den Landestützen." Martin warf einen ungläubigen Blick auf die Weide. "Ich denke, Raumschiffe hinterlassen Kornkreise?" bemerkte er spöttisch. Während ich Martin die Tarnvorrichtung erklärte, kam ein leises Geräusch von der Wiese und die Tür des Schiffes öffnete sich. "Kommt ihr endlich rein?" fragte Liza, "Ich hab noch was gefunden." Martin war völlig irritiert. "Oh, da steht ja wirklich ein Raumschiff..." Ich seufzte. "Ja, sag ich doch..." Dann gingen wir zusammen hinein und schlossen die Tür.
Auf der Brücke angekommen deutete Liza auf die hintere Konsole. "Das hier muss die taktische Konsole sein - hier ist das Schiff abgebildet und das sieht aus wie Waffen. Und diese gestrichelte Linie außenrum könnte die Tarnung sein." Martin und ich sahen sie uns genau an. "Aha, und wenn man hier drückt..." murmelte Martin. "Nein!" riefen Liza und ich aus einem Mund. Gerade noch rechtzeitig, denn Martins Finger war bereits über einer der vielen Kontrollen. "Warum müssen Männer immer gleich alles ausprobieren?" fragte Liza und verdrehte die Augen. Martin und ich überhörten das und gingen um die Konsole herum. "Das Ding auf dieser Konsole habe ich schon mal gesehen, das steht im Maschinenraum." stellte ich fest. Martin stimmte mir zu, dass es sich wohl um die Maschinenkontrolle handeln würde. Die nächste Konsole hatten wir bereits als wissenschaftliche Station erkannt, Martins Arbeitsplatz. Er nahm sogleich Platz und sah sich die Kontrollen an. "So... Mal sehen." Er drückte ein paar Tasten und die Anzeigen auf den Monitoren veränderten sich. Auf dem Display erschien ein anderer Bildausschnitt, auf dem 2 Personen zu sehen waren, die sich unterhielten. "Liza, schau mal - Andre und Sandra sind auch schon da. Ich lasse sie mal rein." Liza nickte und ich machte mich auf den Weg zur Eingangsluke, während Martin weiter seine Station erkundete. Die beiden staunten nicht schlecht, als sich aus dem Nichts eine Tür öffnete. Ich begrüßte die beiden und sah bereits 2 weitere Personen am Horizont auf das Schiff zukommen. Tatsächlich waren es Matthias und Luke. Damit war unsere Crew komplett.
Ich führte die Crew auf die Brücke und stellte alle einander vor. "Und fasst mir bloß nichts an! Erst müssen wir rausfinden, wie dieses Schiff funktioniert." mahnte ich sie noch. Eine knappe Minute später waren alle dabei, die verschiedenen Instrumente an ihren Stationen auszuprobieren. Ich seufzte. Eine tolle Crew ist das, die ihren Captain gar nicht wahrnimmt. Demonstrativ stellte ich mich in die Mitte der Brücke. "An alle, hier spricht euer Captain!" rief ich. Keine Reaktion. Erst als ich laut pfiff, sahen alle zu mir. "Na also, es geht doch. Es ist ja schön und gut, dass ihr gleich alles ausprobieren wollt, aber doch nicht ausgerechnet neben einer Landstraße. Und als euer Captain entscheide ich hiermit, dass wir unsere Erkundungen in eine leerstehende Scheune hier in der Nähe verlegen." Andre protestierte. "Warum bist du eigentlich der Captain?" - "Weil ich das Schiff gefunden habe." entgegnete ich. Liza kicherte. "Du bist dagegengelaufen." Ich warf ihr einen strengen Blick zu. "Passt denn das Schiff überhaupt in die Scheune?" fragte Luke etwas skeptisch. Das hatte ich tatsächlich nicht bedacht. "Na gut, dann müssen wir es eben vorher ausmessen. Wir müssen ja nur die Schritte zählen, die man von einer Flügelspitze zur anderen braucht." schlug ich vor. "Aber die sieht man doch gar nicht... Und hier können wir die Tarnung nicht abschalten." bemerkte Liza. Luke grinste. "Stimmt, hier nicht. Haltet euch fest!" Kaum hatte er das gesagt, demonstrierte er eindrucksvoll, dass er die Steuerung des Schiffes bereits verstanden hatte und startete den Antrieb. Ziemlich rasant schoss das Schiff in Richtung Himmel und dann nach Süden. Ein Überschallknall lies den Boden etwas zittern und es dauerte nicht lange, bis wir die Alpen und das Mittelmeer hinter uns ließen. Nach wenigen Minuten landete Luke das Schiff - mitten in der Sahara.
Ich blickte auf den Bildschirm vor mir, der nichts als Wüstensand und strahlend blauen Himmel anzeigte. "Tarnung abschalten!" befahl ich und Andre bediente die taktische Konsole. "Tarnung ist abgeschaltet." bestätigte er. Nun hielt es niemanden mehr auf seinem Platz. Wir alle waren neugierig, wie das Schiff aussehen würde und wie groß es wirklich wäre. Wir stürmten nach draußen und liefen auf die nächste Düne, von wo aus wir einen guten Blick hatten. Doch was wir dann sahen, übertraf unsere Erwartungen. Die Flügel des Schiffes ragten weit über die Landestützen hinaus und hatten eine Spannweite von über 70 Metern. Auch der Bug war länger als erwartet und gab dem Schiff eine Länge von knapp 80 Metern. Damit hatte es die Größe eines großen Passagierflugzeuges, sah aber viel eleganter aus. Die Konturen waren geschwungen und wirkten irgendwie organisch. Der Bug hatte die Form einer Pfeilspitze und war über einen schlanken Rumpf mit dem Heck verbunden, das zwei breite Flügel aufwies, an deren Spitzen ein blaues Leuchten pulsierte. Schweigend betrachteten wir das Schiff, bevor ich das Wort ergriff.
"Wie ihr gesehen habt, ist dieses Schiff flugtauglich, aber es braucht eine Crew. Deshalb habe ich euch zusammengerufen. Ich weiß nicht, was uns da draußen erwarten wird und wann wir wieder zurückkommen. Es wird sicher eine lange Reise und wir können viel neues entdecken, aber es ist nicht ungefährlich. Es ist ein Wagnis und deshalb muss jeder von euch selbst entscheiden, ob er mit auf diese Reise will." Ich blickte in die schweigende Runde. Liza ging auf mich zu. "Ich bin dabei!" Luke wich ihr nicht von der Seite. "Dann komme ich auch mit." Auch Andre stimmte sofort zu. Matthias gesellte sich auch zu uns. "Glaubst du, ich lass mir das entgehen?" Sandra zögerte noch ein wenig, doch ihre Neugier war größer und sie trat unserer Crew bei. Martin war sich etwas unschlüssig. "Also eigentlich wollte ich ja..." Dann blickte er noch einmal zum Schiff und kam ebenfalls zum Rest der Crew. "Damit ist unsere Besatzung ja komplett. Also lasst und rausfinden, wie das Schiff funktioniert. Luke, du überprüfst die Steuerung. Martin, du kümmerst dich um die Sensoren. Andre, du machst eine Bestandsaufnahme der Waffen - aber keine Tests! Sandra und Liza, ihr seht euch die Vorräte und die Krankenstation an und macht eine Liste mit allem, was wir haben und was wir noch brauchen. Matze, du gehst in den Maschinenraum und schaust, ob alles in Ordnung ist. Ich werde mir derweil die Navigationseinheit ansehen und versuchen, die Symbole zu entziffern. Auf geht's!" Die Crew stürmte zurück ins Schiff und wir machten uns an die Arbeit.
Die Übersetzung der Symbole erwies sich als schwerer, als ich gedacht hatte. Die Schrift der Außerirdischen schien mindestens so viele Symbole zu kennen wie das Chinesische. Nach 2 Stunden konnte ich mit einiger Sicherheit sagen, was "Schiff", "Antrieb, "Waffen" und "Treibstoff" bedeuten - das war aber auch schon alles. Etwas frustriert beschloss ich, einen kleinen Rundgang zu machen. Zuerst begab ich mich in den Maschinenraum, wo Matthias eifrig die Reaktorkontrollen durchging. "Na, wie läufts?" fragte ich ihn. Er erschrak und stieß sich dabei den Kopf an dem blau pulsierenden Plasmaleiter. "Au! Abgesehen davon, dass die Decke zu niedrig ist und der Captain mich erschreckt, sieht es gut aus. Der Treibstofftank ist mehr als halb voll und der Reaktor ist in Funktion. Von mir aus können wir losfliegen." Ich strahlte. "Sehr gut, weiter so." Dann begab ich mich in den Lagerraum, wo Sandra und Liza die Lebensmittel auf eine Liste setzten. "Wie sieht's aus?" fragte ich die beiden. "Gut!" sagte Liza, "Wir können fast alles essen, aber ein paar Sachen brauchen wir noch. Brot, Getränke, alles was lange haltbar ist." Ich hatte eine Kiste mit apfelähnlichen Früchten entdeckt, die verführerisch nach Mandel dufteten. Ich nahm mir einen heraus und wollte gerade hineinbeißen, als Sandra ihn mir aus der Hand nahm. "Fast alles, aber nicht alles - es sei denn, du verträgst Blausäure." Ich trat gegen die Kiste. "Dann macht eben Warnschilder drauf. Ich bin wieder auf der Brücke." - "Männer..." sagten die beiden synchron, als ich zur Tür hinausging.
Auf der Brücke war Andre gerade dabei, die taktische Konsole zu bedienen. "Was wird denn das?" fragte ich ihn. "Ich hab grad den Simulationsmodus gefunden, damit kann ich die Waffen testen, ohne sie abzufeuern. Das Schiff ist ganz gut bewaffnet - Plasmakanonen, Laser und eine EMP-Waffe, außerdem Schilde, eine starke Panzerung und natürlich die Tarnung. Können wir mal ein Zielschießen machen?" Ich seufzte. "Na gut, aber das machen wir im Asteroidengürtel." Andre nickte und ich ging zur Wissenschaftsstation. Martin hatte inzwischen eine Möglichkeit gefunden, mit den Schiffssensoren den Discovery Channel zu empfangen und auf einem der Monitore darzustellen, während er die übrigen Sensoren testete. "Kommt was gutes im Fernsehen?" fragte ich ihn und sah auf den Monitor. "Nein, nur irgendwas über UFO's, totaler Unsinn." Mit ein paar Tastendrücken schaltete Martin um vom Fernsehprogramm zu einem Wärmebild des Wüstensandes. "Damit kann man fast das ganze Spektrum sehen, von Radiowellen bis Gammastrahlung. Außerdem alle möglichen Teilchensorten, sogar Tachyonen!" berichtete er begeistert. Ich wollte gerade etwas dazu sagen, als der Boden vibrierte. "Luke, was machst du da?" fragte ich mit ernster Stimme. "Ich weiß jetzt, wie der Überlichtantrieb funktioniert. Wie wär's mit einer Spritztour?" Ich ging zu seinem Pult. "Noch nicht. Jetzt gehen wir erst mal einkaufen. Tarnung aktivieren und zurück zur Weide!" - "Aye, Captain!" bestätigten Andre und Luke und brachten uns wieder zurück. Liza und Sandra hatten inzwischen eine Einkaufsliste gemacht, die sowohl Lebensmittel, als auch eine größere Hausapotheke umfasste. Ich ging die Liste durch und las die einzelnen Punkte vor. Wer etwas davon hatte oder besorgen konnte, meldete sich. So hatten wir unsere Besorgungen schnell aufgeteilt. "Länger als drei Stunden sollten die Einkäufe nicht dauern. Wer noch etwas persönliches mitnehmen möchte, kann es sich in der Zeit ebenfalls holen. Danach treffen wir uns wieder hier."
Während die anderen unterwegs waren, packte ich ein paar Dinge aus meinem Zimmer zusammen. Ein paar Bücher, diverse Schreibutensilien und ein paar Dinge aus meinem Kleiderschrank sollten genügen. Dann wartete ich am Raumschiff auf die anderen. Als erster kam Martin mit einem vollgepackten Rucksack zurück, der ziemlich schwer zu sein schien. "Was schleppst du denn da mit dir rum?" Er setzte den Rucksack ab und fing an, mir seinen Inhalt zu zeigen. "Hier, das Buch hab ich mir neulich gekauft: Quantengravitation. Hier noch eins über Kosmologie, das ist über das Higgs-Teilchen, etwas über Supersymmetrie..." Ich dachte schon, ich wäre in einer Bibliothek. "...und natürlich das wichtigste!" Stolz präsentierte mir Martin seinen Reiseführer: Per Anhalter durch die Galaxis. Ich musste grinsen. "Hast du denn auch ein Handtuch dabei?" fragte ich ihn. Martin kramte es aus seinem Rucksack. "Natürlich - oder würdest du ohne Handtuch in den Weltraum fliegen?" Ich hatte natürlich auch eins dabei. Während wir über das Buch philosophierten, kamen Andre und Luke zurück zum Schiff - mit schwerem Gepäck. Luke hatte drei Schwerter dabei. "Was willst du denn damit?" fragte ich erstaunt. "Schwerter kann man immer gebrauchen." sagte er und Andre stimmte ihm zu: "Die sind robuster als andere Waffen."
Die beiden hatten mich überzeugt und ich machte mich schnell auf den Weg, um auch mein Schwert zu holen, das Liza mir geschenkt hatte. Dabei kam sie mir zusammen mit Sandra entgegen - beide zogen einen vollgepackten Bollerwagen. "Sind das eure Einkäufe?" fragte ich und warf einen Blick darauf. Außer Lebensmitteln, Hygieneartikeln und Medikamenten fand ich Kerzen, Räucherstäbchen, Poster und einen Plüschlöwen. Ich nahm den Löwen hoch und sah ihn mir an. "Liza..." Sie sah mich mit großen Augen an. "Simba muss mit! Ohne ihn fliege ich nicht!" Ich packte ihn zurück und sah mir das brennbare Material an. "Du willst das doch hoffentlich nicht auf einem Raumschiff abfackeln? Wir haben doch nicht ohne Ende Sauerstoff!" Liza wollte protestieren, doch Sandra musste mir zustimmen. Gemeinsam machten die beiden kehrt und ich begleitete sie. Wir räumten alles brennbare und einen Teil der Poster wieder zurück. Darunter kam ein ganzer Stapel von CDs sowie ein tragbarer CD-Spieler zum Vorschein. "Was willst du denn damit?" fragte ich. "Die Batterien sind doch leer, bevor du alles hören kannst." - "Dieses blöde Raumschiff kann uns auf den Mars bringen, dann muss es doch auch CDs lesen können! Und wenn ich die Stücke selbst spielen muss..." Lizas Blick fiel auf ihr Keyboard. Ich zog den Stecker aus der Steckdose. "Und was machst du damit? Bei eBay nach einem Adapter von Fusionsplasma auf Schuko-Steckdose suchen?" Liza gab nicht auf. "Das Keyboard läuft auch mit Batterien! Davon habe ich genug da! Das muss mit!" Liza zu überzeugen war schwerer, als einen Drachen zu zähmen. "Aber irgendwann sind die alle und es liegt nur noch rum und braucht Platz." warf ich ein. Liza rechnete mir vor, wie lange ihre Batterien reichen. Da es keinen Zweck zu haben schien, ließ ich sie gewähren und sie packte das Keyboard auf den Wagen.
Wir gingen wieder zurück zum Schiff, wo Matthias gerade einen großeren Stapel Werkzeug einräumte. "Was willst du denn damit?" fragte ich etwas irritiert. "Im Lager ist doch genug Werkzeug." - "Schon, aber als ich etwas benutzen wollte, das wie eine Rohrzange aussah, kam eine Flamme raus. Am besten kommt man immer mit dem eigenen Werkzeug klar." Dem konnte ich nur zustimmen. Wir räumten alles in das Schiff und schlossen dann die Luke. Als alles verstaut war, trafen wir uns auf der Brücke. "Wartet!" rief Andre. "Eine Sache fehlt noch." Er kramte eine Flasche Champagner heraus. "Wir müssen das Schiff noch taufen." Damit hatte er natürlich recht und wir gingen noch einmal alle nach draußen. Dort drückte er mir die Flasche in die Hand. "Dein Schiff - du darfst dir einen Namen aussuchen." Ich sah in die Runde. Die Form des Schiffes erinnerte irgendwie an einen Drachen. Ich holte mit der Flasche aus. "Ich taufe dich auf den Namen ... Dragonheart!" Dann warf ich die Flasche gegen den unsichtbaren Rumpf, an dem sie mit lauten Klirren zerschellte. Wir gingen zurück auf die Brücke und nahmen unsere Plätze ein. "Alle Stationen bereitmachen zum Start!" Meine Crew signalisierte ihre Startbereitschaft und ich gab den Befehl: "Auf geht's - auf rauem Weg zu den Sternen!"